YUCATAN ROADTRIP

Die paradiesische, autofreie Insel Holbox ist für Touristen nur per Fähre zu erreichen. Das Auto lässt man dafür auf dem Festland zurück. Parkplätze, sogar überdacht, gibt es hierfür genug und der Preis ist auch ganz angemessen. Wie eine Parkplatzsuche in Mexiko abläuft haben wir euch ja schon in unserem Tulum Artikel erklärt – hier vor Holox ging es nicht anders zu. Inzwischen fühlten wir uns schon sehr heimisch und ließen uns nicht mehr so leicht von irgendwelchen Fahnenschwingern oder sonstigen Absurditäten beeindrucken. Auch die Karten für die Fähre waren schnell gebucht und in Null-Komma-Nix waren wir auf dem Wasser Richtung Paradies. Die Fahrt war relativ unspektakulär – einzig ein Zwischenfall, bei dem eine Möwe auf das gestapelte Gepäck der Reisenden kackte, hat für etwas Gekicher gesorgt. Zum Glück hat die Hinterlassenschaft nicht unsere Koffer getroffen.


Am Hafen der Insel angekommen wird man erstmal von unzähligen Taxis erwartet, die einen gerne zu seinem jeweiligen Hotel bringen. An dieser Stelle sollten wir vielleicht die mexikanische Interpretation von “autofrei” erklären.
Wenn heute ein deutscher Politiker irgendwas von “autofrei” redet, dann weil dadurch Lärm und Abgase vermieden werden sollen. Auf Isla Holbox geht es aber nicht darum, den Touristen und Anwohnern eine saubere und ruhige Insel zu bieten – es ist schlicht nicht möglich auf den Straßen von Isla Holbox mit einem normalen Kleinwagen zu fahren! Statt mit normalen Autos ist man hier mit lauten, stinkenden Strandbuggies unterwegs, oder (seltener) mit dicken SUVs. Die Straßen sind deshalb nicht wirklich befahrbar, weil sie nicht asphaltiert sind. Die Straßenbeschaffenheit ist vergleichbar mit einem Feldweg nach einem Hochwasser. Wir dachten dummerweise wir hätten die schlechtesten Straßenverhältnisse in Mexiko schon überlebt, und trauten uns zu die ca. 15min zu unserem Hotel zu laufen… fataler Fehler!
Truthful Traveler’s Tip
Wenn man glaubt man hat das schlimmste schon gesehen, hat Mexiko immer doch noch eine Überraschung auf Lager!



Der Bürgersteig war anfangs noch so durchlöchert wie wir es auch aus anderen Ecken von Mexiko gewohnt waren. Irgendwann bestand der Bürgersteig nur noch aus ein paar Brettern, bevor er etwas später dann ganz verschwand! Mit Schlamm überzogenen Flip-Flops und dreckigen Füßen erreichten wir schließlich unser Ziel. Dort bekamen wir von der Betreiberin eine schnelle Room-Tour. Dass wir uns vorm Betreten des Zimmers noch den Schlamm von den Füßen waschen wollten, fand die Dame nicht so toll. Es gäbe kein fließend Wasser und wir sollen entsprechend sparsam beim Waschen damit umgehen… ein kurzes Fußbad gönnten wir uns trotzdem!
Die Dame gab uns netterweise noch ein paar Überlebenstipps für die Insel mit. Wie wir erfuhren, gibt es auf der Insel eine spezielle Mosquito-Sorte, die so klein ist, dass sie selbst engmaschige Fliegengitter durchfliegen können. Zum Glück war unser Schlafzimmer hier nicht von Schimmel befallen, denn ein nächtliches Lüften wäre hier nicht möglich gewesen. Tatsächlich hatten wir einige Male das unangenehme Vergnügen mit den fast unsichtbaren Tierchen. Als wir an einem unserer Aufenthaltstage am Strand lagen, spürten wir plötzlich stechenden, juckenden Schmerz am ganzen Körper. Wir waren von haufenweisen winzigen schwarzen Punkten übersät. Zum Glück sind die Viecher nicht gesundheitlich gefährlich, aber nervig sind sie alle Male. Verglichen damit sind unsere heimischen Stechmücken fast schon angenehme Hausgäste.
Apropos Strand! So schön wie in Tulum war er auf Holbox nicht – das hatten wir ja schon durchsickern lassen. Zwischen kristallklarem Wasser und weißen Stränden gab es vor allem noch eine riesige Ladung Seegras! Das Zeug stank schlimmer als unsere körperlichen Abgase nach einem scharfen Burrito mit extra Bohnenpaste! Weg mit dem Seegras-Zeug, dachte sich auch der mexikanische Betreiber des uns nächstgelegenen Beach-Clubs. Er rechnete abends bei Ebbe das ganze Seegras an seinem Strandabschnitt raus Richtung See… Fleißig, aber sinnlos, wie wir feststellen mussten. Am nächsten Morgen hatte es die Flut wieder vor seine Bar gespült.

Lang sind die Abends am Strand von Holbox nicht. Als wir an unserem ersten Tag noch einen Drink in der frühen Dämmerung genossen, hat man plötzlich zwischen unserem Tisch und dem Meer einen Weidezaun aufgezogen! Damit war dann auch der weite Blick über das schier unendliche Meer kaputt und wir fühlten uns stattdessen wie eingezäuntes Vieh…


Weg von der Bar zurück in die Unterkunft führte uns an einigen teuren, großen Hotels und ihren hübschen Strandanlagen vorbei. Manchmal fragten wir uns in solchen Momenten, ob wir uns nicht doch lieber einen kurzen all-inclusiv Urlaub im Luxusresort hätten buchen sollen, statt unsers wilden Road-Trips. Um zumindest etwas auf den Geschmack zu kommen, haben wir den nächsten Abend an der Strandbar des Luxushotels verbracht. Das ganze war eine Insel (Wortspiel) der Entspannung: entspannte Atmosphäre im Fackelschein, ohne dass einem dabei ein Zaun vor die Nase gespannt wird. Unsere Bedienung sprach sogar fließend Englisch. Und das ganze für nur schlappe 19€ pro Cocktail.



Worauf vor allem ich mich auf Holbox am meisten gefreut habe war die Biolumineszenz. Das sind kleine Bakterien im Meerwasser, die achts blau-grün schimmern sollten. Leider waren die Bedingungen nicht optimal als wir auf der Insel waren, da gerade Vollmond herrschte. Richtig dunkel wurde es Nachts also nicht. Wir wollten es trotzdem versuchen und machten uns nach Sonnenuntergang auf den Weg zum Cocos Strand. Dort sollte man das Phänomen am besten beobachten können. Der Strand lag nur leider am anderen Ende der Stadt! Unser Plan war es einfach einen langen Strandspaziergang entlang des Meeres zu machen. Leider haben wir dabei die Rechnung nicht mit der einkehrenden Flut gemacht. Langsam aber sicher verschwand der Strand im knöcheltiefen, nach Seegras stinkenden Meerwasser und die Flut drückte uns weiter ans Land. Als der Strand schließlich vollkommen geschluckt wurde, entschieden wir uns, ins Straßennetz der Stadt zu flüchten. Dass wir dabei wahrscheinlich wieder schlammige Füße bekommen sollten, nahmen wir in Kauf. Je weiter wir uns allerdings dem Cocos Strand näherten, desto schlimmer wurde es. Was mit Schlamm, Bodenwellen und knöcheltiefen Pfützen begann, endete in knietiefen Seen und Trampelpfaden über niedergetretene Stacheldrahtzäune. Zu allem überfluss bin ich einmal abgerutscht und hab mir dabei einen blauen Zehen geholt. Zugegebenermaßen waren Flip-Flops vielleicht nicht die beste Wahl…
Truthful Traveler’s Tip
Das Richtige Schuhwerk für Holbox ist am besten eine Mischung aus alpinen Wanderstiefeln, extra hohen Gummistiefeln und Flip Flops… wie so ein Schuh aussehen soll ist uns allerdings fraglich. Wahrscheinlich muss er erst noch erfunden werden!

Manchmal weiß man gar nicht mehr, wo es weitergeht, aber mit etwas Glück ist zufällig ein Einheimischer in die gleiche Richtung unterwegs und offenbart den Weg. Hin und wieder fährt ein Taxi voller angetrunkener Touris mit lauter Musik vorbei. In diesen Momenten dämmerte es uns, wie sich die einfachen Mexikaner hier fühlen müssen. Einige reiche Touris haben ihre Insel zum Feierparadis gemacht und lassen sich vom teuren Taxi von einer teuren Bar zur nächsten fahren, während die Einheimischen zu Fuß über immer verkommenere Straßen nach Hause laufen müssen. An diesem Abend teilten wir ihr Leid. Man sagt zwar, geteiltes Leid ist halbes Leid, aber ehrlich gesagt wären wir bei der ersten Gelegenheit auch auf eines der Taxis aufgesprungen… nur leider waren die alle schon voll…


Den Cocos Strand erreichten wir nie. Mit jedem Schritt wurde das Vorwärtskommen immer schwieriger, und so mussten wir uns eingestehen, dass es keinen Sinn mehr machte. Aus Mangel an Taxis war der Rückweg natürlich erstmal genauso bescheiden wie der Hinweg. Aus dem hier aufgebauten Frust und Nerv entstand die Idee für diese Website! Den ganzen Rückweg lang lästerten wir über alles was bisher aus dem geplanten Entspannungsurlaub eine Zerreißprobe für die Nerven gemacht hat. Wenn ihr bis hierher gelesen habt, kennt ihr die meisten schon.
Am nächsten Tag wurde uns berichtet, dass man eh keine Biolumineszenz gesehen hätte – wahrscheinlich wegen des hellen Mondes. Das ganze war uns zumindest etwas Trost und bestätigte uns in unserer frühzeitigen Umkehr.

Trotzdem waren wir wenig euphorisch, noch mehr Zeit auf der Insel bzw auch auf der ganzen Halbinsel zu verbringen. Wir spielten schon mit dem Gedanken die letzten Tage unseres Urlaubs vielleicht lieber in Kanada zu verbringen. Wir hatten auf Yucatan bereits alles gesehen, was wir sehen wollten: Maya Pyramiden, Dschungel, das Fest der Toten, Strände, Cenoten etc… und das einzige, was wir noch offen hatten, Korallenriffe und Schnorcheln, war leider wegen hohem Wellengang nicht sehr aussichtsreich. Auch die mexikanische Küche hing uns inzwischen zum Hals raus. Ein westliches Land wie Kanada, mit funktionierender Infrastruktur und fließendem Wasser wäre uns da gerade recht gewesen. Unsere Rückflüge sollten eh über Toronto gehen, warum also nicht schon etwas früher dorthin fliegen und einen mehrtägigen Layover daraus machen? Das Problem war vor allem die Kurzfristigkeit des Ganzen. Flüge umbuchen, Hotels umbuchen und das ganze bei einer Airline, die nicht mal eine Kontaktnummer auf ihrer Website listet… Wir stellten also schnell fest, dass wir so leicht wohl doch nicht davon kommen würden und machten uns auf eine weitere Woche Mexiko gefasst.

Unseren letzten Tag auf Holbox wollten wir entspannt angehen. Nach einem ausgiebigen, gemütlichen Frühstück verweilten wir noch gemütlich auf der Veranda vor unserem Zimmer und Anna schaukelte gemütlich unter einem Baum auf einer Hängematte. Aber Mexiko wollte uns selbst diesen Moment der Ruhe nicht vollends gönnen und plötzlich fiel eine Schlange aus einer Baumkrone und verfehlte die Hängematte nur knapp. Anna hatte einen kurzen Schreck. Die Schlange verkroch sich zwar sofort wieder – die Ruhe war für den Augenblick aber trotzdem dahin. Nach einem letzten gemütlichen Strandspaziergang, einigen Einkäufen im Zentrum der Stadt, wo wir zum wiederholten mal von jungen, mexikanischen Hipstern Kokain angeboten bekamen und einem leckeren Abendessen aus frischem Fisch und Garnelen endete unsere Zeit auf Holbox.


Unser nächster Stopp brachte uns schon wieder näher an den Ausgangspunkt unserer Rundreise und damit auch unseren Abflugortes. Die Region nennt sich auch die “Riviera Maya” – die große Urlaubsregion der Halbinsel. Hier zog es nicht nur all-inclusive Strandurlauber hin, sondern auch feierwütige junge Amerikaner. Da wir mit beiden möglichst wenig Kontakt suchten, peilten wir erstmal ein kleines, ehemaliges Fischerdorf abseits der großen Hotspots an.

Tag 21 – 23